Osterfrühgottesdienst: Ostern - von der Schönheit Gottes

Osterfrühgottesdienst: Ostern - von der Schönheit Gottes

Osterfrühgottesdienst: Ostern - von der Schönheit Gottes

# Archiv Predigten 2017

Osterfrühgottesdienst: Ostern - von der Schönheit Gottes

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Dies nämlich ist der biblisch fundierte "gute Morgen des Glaubens". Dieser Gottesdienst ist die Urmutter aller christlichen Gottesdienste, seit die junge Christenheit von der Auferstehung am ersten Tag der Woche noch vor Sonnenaufgang spricht. Dieser Morgen ist ein guter, auch wenn wir es vielleicht noch nicht ganz so gut haben angesichts der frühen Stunde, der harten Sitze und der Aussicht auf eine zäh vorbei fließende Masse von Predigtwörtern – mein PC behauptete gestern, es seien 1044. Dieser Morgen ist ein guter, weil wir einen Weg machen können von der Dunkelheit ins Licht und weil ein Tag auf uns wartet, der – wenn schon nicht meteorologisch sonnig - so doch sonnig sein will im Sinne von Lebensfreude, von Freude auch an einem Gott, der uns ganz neu unter seinen blauen Himmel stellen will. Sonntag eben, Sonnen-Tag. Ein Tag wie ein Lächeln über einen Sieg. Kein Hohngelächter, kein Gegröle, sondern das stille und milde Lächeln eins Tages, der für Gott durchsichtig wird. Ein Tag zum Wundern und Staunen.

Von einem Osterbrauch möchte ich zunächst sprechen, nicht von dem hiesigen der Absage der Osterfeuer durch die Polizei oder Feuerwehr, sondern von einem, den es wohl in einigen französischen Dörfern gibt: wenn am Ostersonntag in der Frühe zum ersten Mal die Kirchenglocken läuten, laufen Kinder und Erwachsene zum Dorfbrunnen und waschen sich die Augen mit dem kühlen und klaren Brunnenwasser.

Ob die, die Jahr für Jahr mitlaufen und sich die Augen reiben, wohl ahnen, dass sie sich selbst mit diesem Brauch eine eindrucksvolle Osterpredigt halten? Das Thema dieser Predigt ohne Worte: Ostern schenkt einen neuen Blick, neue Augen. Oster-Augen wünsche auch ich mir am Festtag und viele Oster-Augen-Blicke in den kommenden Tagen und Wochen, denn: Oster-Augen können entdecken, dass im Menschen Jesus von Nazareth das Leben endgültig zum Durchbruch gekommen ist, ein – trotz Leid und Tod – erfülltes und gutes Leben, so wie Gott sich wahres Leben vorstellt.

Und jetzt muss von Schönheit die Rede sein, jener Schönheit, die die Alten stets mit dem Guten und Wahren in Zusammenhang dachten. Einer tiefen Schönheit also, die nichts zu tun hat mit der oberflächlichen Schönheit eines guten Designs, eines Postkartensonnenaufgangs oder einer Schönheitskönigin. Es geht um die Schönheit Gottes. Gott ist schön, die Bibel redet von seiner Herrlichkeit, seinem Strahlglanz, hebräisch kabod, griechisch doxa, lateinisch gloria. Nur als Licht ist Gott in seiner Schönheit darstellbar, als stilles sanftes Sausen, wie es Elia am Berg Gottes vernimmt, hörbar, mit den schönsten Worten der Bibel sagbar. Sie wirkt sich aus auf unseren Glauben, macht ihn schön, gut, wahr und er lässt sich hören in wunderbarer Kirchenmusik, in unserer Liedern, lässt unsere Feste erstrahlen. Um diese Schönheit zu erkennen, braucht es Oster-Augen.

Oster-Augen verschließen sich nicht vor der Not. Sie nehmen die vielen Todessignale in unserer Umgebung wahr, sie haben einen Blick dafür, wo das Leben zu kurz kommt oder ganz auf der Strecke bleibt, wo einer mundtot gemacht wird, wo einer unter die Räder kommt. Sie erkennen, wo wir aufstehen müssen, einen Aufstand machen müssen gegen Eingefahrenes und Erstarrtes. Oster-Augen lassen sich aber auch leichter zudrücken. Sie sehen die eigenen Fehler und können so über die Schwächen der anderen gelassen und großzügig hinwegsehen.

Oster-Augen sehen weiter. Sie bleiben nicht auf das Schwierige und Unsympathische fixiert, das mir an meinem Gegenüber zuerst auffällt, sondern schauen hinter die unangenehme Fassade und entdecken den anderen, so wie Gott ihn sich gedacht hat. Sie schauen sich einen Menschen schön. Sie sehen einen Weg, wo vorher keiner war, und im Ende schon einen neuen Anfang. Sie sehen die Schönheit der Schöpfung und hinter ihr die Schönheit Gottes. Und ich kann mich dem nicht entziehen, bin überwältigt, hingerissen und zugeneigt. Hoffnung verliebt sich ins Gelingen und das Dasein wird liebe-voll, liebes-kühn und liebes- gewaltig. Welch eine österliche Freude!

Sie wagen den Blick in eine letzte Finsternis. Und wenn mich selbst einst diese Finsternis umhüllt, dann wird Gott es sein, der mir neu die Augen öffnet; so dass es meine Oster-Augen sein werden, die als erste das Licht in diese Finsternis hereinbrechen sehen. Von der anderen Seite des Todes her wird es hell in der letzten Finsternis; von der Seite her nahen sich Schönheit und Liebe und erwecken mich aus dem Tod. Und unmissverständlich und unwiderlegbar erweist sich Liebe als Liebe, von der nichts mich trennen kann.

Ich fand ein Gedicht von Gertrud von Le Fort:

O ich beschwöre euch, ihr mächtigen Engel, Die ihr am Ostermorgen das Felsengrab sprengtet, Sprengt auch den härteren Fels, Sprengt der erkalteten Liebe Schaurige Klüfte! Denn Christ ward abermals zum Tode verurteilt Und liegt versargt in den eisigen Grabeskammern Einer verlorenen Welt - O naht euch, ich beschwöre euch, ihr mächtigen Engel, Und weckt den begrabenen Christ! Aber die Engel bewahrten leuchtendes Schweigen, Endlich bog sich einer herab und nahm mich sanft in die Flügel Und raunte mir mildreich ins Ohr: Nein, wecke du ihn, Kind, Denn wisse, aus diesem Tod kann nur die Seele ihn retten - Geh in dein eigenes Herz Und wälze den Stein von der Türe des Grabesdunklen: Du selbst mußt auferstehn - Christ ist erstanden.

Wie soll das gehen – selbst auferstehn? Hier bin ich doch an der Grenze des Mir-selbst-Möglichen. Ich glaube, es wird mir geschenkt, aber ich muss es mir auch schenken lassen. Augen auf für die Schönheit dieser Welt und sie als Abglanz der Schönheit Gottes sehen. Mit Jesus meine Mitmenschen als Töchter und Söhnen Gottes verstehen; sie als meine Schwestern und Brüder anerkennen. Wir sind dazu begabt.

Anstelle eines Oster-Hasen wünsche ich mir solche Oster-Augen, aber ich weiß genau: Wenn sie mir geschenkt werden, bin ich für sie verantwortlich, für ihre Offenheit, für ihre Weitsichtigkeit. Dann heißt es für mich: Oster-Auge, sei wachsam!

In der Ostkirche findet sich dieser Hymnus: "Es ist Ostern! Lasst uns mit Freude einander umarmen! Es ist Ostern! Die Erlösung von Schmerzen und Tod! Es ist der Tag der Auferstehung. Lasst uns durchstrahlt werden vom Jubel und einander umarmen! Christus ist auferstanden vom Tode, durch seinen Tod hat er den Tod überwunden."

Muss nicht jetzt sein, das Umarmen. Aber warum nicht heute einmal einen Menschen umarmen aus lauter Freude am Leben, aus Freude und Dankbarkeit darüber, wozu Gott uns bestimmt hat. Es ist Ostern: Dies ist der Tag, den der Herr macht. Lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.

Amen.

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