Okuli Fastenpredigtreihe: Psalm 118, 22-29

Okuli Fastenpredigtreihe: Psalm 118, 22-29

Okuli Fastenpredigtreihe: Psalm 118, 22-29

# Archiv Predigten 2016

Okuli Fastenpredigtreihe: Psalm 118, 22-29

Liebe Gemeinde,

so einfach und so leicht kann der Glaube sein - oder nur naiv? Diese Verse von Hanns Dieter Hüsch, dem Kabarettisten, Liedermacher und Dichter vom Niederrhein, geboren 1925, gestorben 2005, war für mich der Auslöser, der Frage nachzugehen, ob unser Glaube, ob mein Glaube nur ernst oder auch fröhlich sein kann. Und ich war überrascht, als ich in meiner Konkordanz unter dem Stichwort fröhlich mehr als 50 Eintragungen fand. Und wenn ich die Stichwörter Freude und freuen hinzunehme, sind es nahezu 200 Eintragungen. Besonders fröhlich sind viele Psalmen; der Predigttext, dem Psalm 118 entnommen, ist ein Beispiel dafür:

Der Stein, den den Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen. Dies ist der Tag, den der Herr macht, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid. Der Herr ist Gott, der uns erleuchtet. Schmückt des Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars! Du bist mein Gott, und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen. Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.

Aber ist es denn angemessen, in der Passionszeit über Freude und Fröhlichkeit zu reden, über Ausgelassenheit und Tanz, wie Jörg Zink übersetzt?: Schmückt das Fest mit Zweigen, schließt euch zum heiligen Tanz rund um den Altar. Natürlich gedenken wird in der Passionszeit der Leiden Jesu. Aber wenn uns bewusst ist, dass das Neue Testament Jesus als Eckstein, der vielerlei Kräfte auszuhalten hat, als Fundament, auf dem unser Glaube ruht, oder auch als Schlussstein im Gewölbe, der alles zusammenhält, deutet, dann müssen wir nicht in Sack und Asche gehen, sondern uns freuen über das Wunder vor unseren Augen, das Gott uns beschert hat. Der heutige Sonntag heißt Okuli: Meine Augen sehen stets auf den Herrn. Das lohnt sich, weil wir dann erkennen, dass Gott es gut mit uns meint und wir uns über das Wunder des Lebens und unseres Glaubens freuen können.

Wir kommen von Weihnachten her, wo wir das Kind in der Krippe fröhlich gefeiert haben. Unser Gesangbuch ist voller fröhlicher Lieder: Fröhlich soll mein Herze springen oder O du fröhliche oder Herbei, o ihr Gläubigen, fröhlich triumphieret oder Ich steh an deiner Krippen hier mit der Strophe Ich sehe dich mit Freuden an. Und wir gehen auf Ostern zu, wo wir über das Wunder der Auferstehung nur staunen können, bis wir Loblieder anstimmen: Wir wollen alle fröhlich sein oder Mit Freuden zart zu dieser Fahrt lasst uns zugleich fröhlich singen oder Auf, auf, mein Herz, mit Freuden. Und Ostern bekennen wir: Dies ist der Tag, den der Herr macht. Lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. Ostern feiern wir an einem Sonntag und jeden Sonntag werden wir an Ostern erinnert, auch an den Sonntagen der Passionszeit. Und deswegen können wir auch jetzt fröhlich sein und uns freuen über das Evangelium, die frohe Botschaft, die uns Gottes Zuwendung zu uns Menschen verkündet.

Hanns Dieter Hüsch sagt dazu:

Wir alle haben unser Los Und sind getrost auf Gottes Floß Die Welt entlang gefahren Auf Meeren und auf Flüssen Die Starken mit den Schwachen Zu beten und zu büßen Gott will uns schöner machen

Wir alle bleiben Gottes Kind Auch wenn wir schon erwachsen sind Wir werden immer kleiner Bis wir am Ende wissen Vom Mund bis zu den Zehen Wenn wir gen Himmel müssen Gott will uns heiter sehen

 

Glaube ist schön und Glaube macht schön und heiter. Man soll mir den Glauben ansehen, damit Friedrich Nietzsche widerlegt wird, der Zarathustra sagen lässt: Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne. Erlöster müssen mir die Jünger aussehen. Papst Franziskus macht es vor, wie das geht, erlöst auszusehen: Er schaut so heiter und fröhlich drein.

Und wie halten wir es im Gottesdienst mit der Freude und der Fröhlichkeit? Ich meine, dass wir trotz allen andächtigen Staunens auch gerne mal lachen können als Ausdruck dessen, dass wir verstanden haben, worum es geht, nämlich um die frohe Botschaft über den Frieden mit Gott, den uns Jesus vermittelt hat.

Der Glaube von Hanns Dieter Hüsch war nicht naiv, sondern im höchsten Maße getragen von einem unerschütterlichen frohen Gottvertrauen trotz oder vielleicht wegen seiner Behinderung der verkrüppelten Füße. Aber ich sehe ihn auch mit seiner Behinderung quasi mit Gott über Mauern springen, wie es in Psalm 18 heißt. Er war auf Evangelischen Kirchentagen präsent und war mit seinen Programmen öfter in Hamburg. Ich durfte Hanns Dieter Hüsch mehrmals erleben. Was mich an ihm so faszinierte und wodurch er mir zum Glaubensvorbild wurde, ist seine Authentizität. Diese kommt in seinen gesamten Texten, ob gereimt oder nicht, zum Ausdruck:

Im Übrigen meine ich Möge uns der Herr weiterhin Zu den Brunnen des Erbarmens führen Zu den Gärten der Geduld Und uns mit Großzügigkeitsgirlanden Schmücken Er möge uns weiterhin lehren Das Kreuz als Krone zu tragen Und darin nicht unsicher zu werden Soll doch seine Liebe unsere Liebe sein Er möge wie es auskommt in unser Herz eindringen Um uns mit seinen Gedankengängen Zu erfrischen Uns auf Wege zu führen Die wir bisher nicht betreten haben Aus Angst und Unwissenheit darüber Dass der Herr uns nämlich aufrechten Ganges Fröhlich sehen will Weil wir es dürfen Und nicht nur dürfen sondern auch müssen Wir müssen endlich damit beginnen Das Zaghafte und Unterwürfige abzuschütteln Denn wir sind Kinder Gottes: Gottes Kinder! Und jeder soll es sehen und ganz erstaunt sein Dass Gottes Kinder so leicht und fröhlich sein können Und sagen: Donnerwetter Jeder soll es sehen und jeder soll nach Hause laufen Und sagen: Er habe Gottes Kinder gesehen Und sie seien ungebrochen freundlich Und heiter gewesen Weil die Zukunft Jesus heiße Und weil die Liebe alles überwindet Und Himmel und Erde eins wären Und Leben und Tod sich vermählen Und der Mensch ein neuer Mensch werde Durch Jesus Christus.

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